Kind 2 studiert, „auf Lehramt“ hätte man früher gesagt. Aber früher war ja auch alles einfach. Heutzutage wird man Bachelor und Master, of Art (oder science), versteht sich. Kind 2 gehört zu den Ersten, die die neuen Studiengänge ausprobieren durften. Mittlerweile hat er den Bachelor-Abschluss in der Tasche. Nun gut, mit diesem kann man nichts anfangen, er ist weder in der Industrie noch im Lehrerberuf speziell akzeptiert. Also musste man sich um einen der raren Masterstudienplätze bewerben. Auch das hat Kind 2 geschafft und steht kurz vor dem Abschluss als Master of Art. Cool, werdet ihr sagen, aber dem ist nicht ganz so.
Selbstverständlich werden fertig studierte Lehrer (um es einmal salopp zu sagen) nicht sofort auf die Schülerscharen losgelassen. Gleiches gilt ja auch für Anwälte und Ärzte z.B. An den Masterabschluss sollte sich ein Referendariat anschließen. Da kann man in den Beruf hineinschnuppern, kann sich ausprobieren, man unterrichtet, muss aber nichts allein entscheiden, Lehrer an der langen Leine sozusagen mit den Vorzügen eines Beamtenverhältnisses auf Zeit und einer privaten Krankenversicherung.
Allerdings passt die Zeitschiene überhaupt nicht, nicht im geringsten. Kind 2 schreibt nämlich schon an der Masterarbeit, im Sommer ist das Studium beendet. Bewerbungszeitraum für das Refendariat ist erst September/Oktober diesen Jahres und ab dann garantiert das Land Berlin, innerhalb von maximal 30 Monaten (das sind 2 1/2 Jahre) einen Referendariatsplatz zur Verfügung zu stellen. Und was macht man inzwischen, werdet ihr fragen. Und genau das ist der Knackpunkt, denn innerhalb der Wartezeit auf den Referendariatsplatz darf man keiner sozialversicherungspflichten Beschäftigung nachgehen, sonst verfällt die Wartezeit und 30 Monate Wartezeit beginnen neu zu zählen.
Den Sinn dieser Regelung verstehe ich nicht. Bestünde denn die Gefahr, dass jemand eine Auspackerkarriere bei Kaufland der Beendigung der akademischen Laufbahn vorzieht und wäre die Gefahr damit in den Sand gesetzter Steuergelder so groß ?
Schert sich da wirklich jemand um die Steuergelder ? Das kann ich mir nicht vorstellen, denn immerhin kann man in der Wartezeit Hartz IV beziehen und muss versuchen, sich um jegliche Arbeitsangebote zu drücken, der Steuerzahler müsste für den Lebensunterhalt und die Krankenversicherung aufkommen und sogar den Auszug aus der elterlichen Wohnung bezahlen. Der Vorteil von Hartz IV: Man gilt bei der Bewerbung als Härtefall, so, als ob man ein Kind oder einen pflegebedürftigen Verwandten hätte oder selbst behindert wäre.
Kind 2 überlegt alternativ eine Doktorarbeit zu schreiben. Sich mit einem Thema intensiv zu beschäftigen, zu Lesen und zu Forschen kann dauern, vielleicht sogar 30 Monate. Vorteil wäre eine fortdauernde Immatrikulation an der Universität, eine billige Krankenversicherung und das Semesterticket sowie die Möglichkeit, als Student weiterhin einer Beschäftigung irgendwo als Aushilfe nachgehen zu können. Das Risiko dieser Alternative ist lediglich, dass der Referendariatsplatz zu früh zur Verfügung gestellt wird, aber damit ist wohl im Land Berlin eher nicht zu rechnen.
Leute, man, das ist Deuschland ?!